Out of Action – Emotionale Erste Hilfe
Wer wir sind:
Out of Action ist ein bundesweiter Zusammenhang, welcher in verschiedenen Städten aktiv ist. Out of Action Hamburg agiert in und um Hamburg herum und versteht sich als Teil der autonomen linksradikalen Antirepressionsstruktur.
Unser Anliegen ist es, über die die unterschiedlichen Formen und psychischen Auswirkungen von Repression und Gewalt zu informieren. Dadurch wollen wir für die Themen emotionale Belastung bis hin zu Traumatisierung im Kontext von politischem Widerstand sensibilisieren. Des Weiteren setzen wir uns mit dem Thema Stress in der linken Szene und mit seinen Folgen für das politische Handeln und das Verhalten in Gruppen auseinander. Wir bieten zudem emotionale erste Hilfe an und kämpfen für einen solidarischen Umgang miteinander.
Für uns Aktivist_innen ist es wichtig zu wissen,
wie sich Repression und Belastungssitiuationen emotional auswirken können und wie wir uns davor schützen können.
Politischer Aktivismus kann dazu führen, dass wir immer wieder mit Repression und Gewalt gegen uns selbst oder gegen andere konfrontiert sind. Erlebnisse wie die direkte Gewalt der Bullen auf Demos, die Konfrontation mit Nazis oder die Verfolgung durch den Verfassungsschutz, können Angst, Perspektivlosigkeit, Stress, Zerrissenheit und Druck auslösen. Dabei können diese Gefühle nicht nur bei direkt von Gewalt Betroffenen ausgelöst werden, sondern auch Auswirkungen auf das Umfeld der betroffenen Person haben. Auch Personen, die die Gewaltsituation mit angesehen haben, können von der Gewalt der beobachteten Situation betroffen sein. Gewalt ist somit nicht nur etwas Direktes und Körperliches, sondern trifft auch den Menschen hinter der Vermummung, hinter dem Transpi, hinter dem Diskussionspapier. Zudem können Gewaltsituationen, in der sich eine Person handlungsunfähig fühlt, zu Gefühlen der Ohnmacht und des Ausgeliefertseins führen. Gefühle der Ohnmacht zeigen sich häufig auch dann noch, wenn die Situation selbst vorbei ist oder können in ganz anderen Situationen wieder hoch kommen.
Es ist sehr unterschiedlich wie mensch mit solchen Erfahrungen von Repression und Gewalt umgeht – da sind Grenzen und Verhalten so individuell wie der Mensch selbst. Mit den unterschiedlichen Reaktionen auf das Erfahrene braucht es einen solidarischen Umgang, der auf die jeweiligen Bedürfnisse der betroffenen Person eingeht. Für die Individualität von Menschen einen Blick und Sensibilität zu entwickeln, sollte Anspruch eines jeden emanzipatorisch denkenden Menschen sein. Wie auch immer mensch auf die unterschiedlichen Formen von Gewalt und Repression reagiert, Ziel unserer Auseinandersetzung ist es, dass diese Reaktionen eben nicht negiert oder als schwach, überflüssig, anstrengend, unnötig, unpassend stigmatisiert werden. Wir haben den Anspruch, als Individuen und im Kollektiv einen Umgang damit zu finden. Eine starke Bewegung braucht eine solidarische Praxis. Rückzüge aus der politischen Bewegung sind für uns in diesem Zusammenhang häufig damit begründet, dass Menschen mit ihren Gefühlen, mit inneren und äußeren Lebensumständen und -zuständen keinen Platz mehr in der Szene haben, sobald sie das Schema „autonom, frei, dynamisch, flexibel, ausdauernd und leistungsfähig“ nicht mehr erfüllen können oder wollen.
Nicht jede Gewalterfahrung führt zu einer längerfristigen Belastung oder gar einem Trauma. Doch auch wer im Leben mit manchen als krass empfundenen Situationen gut zurecht kommt, kann an den Punkt kommen, an dem eine scheinbar schon oft erlebte Situation „die Eine“ zu viel ist. Als Out of Action wollen wir emotionale erste Hilfe von Aktivist_innen für Aktivist_innen leisten. Wir selbst verstehen uns nicht als Spezialist*innen, sondern als Teil der Antirepressionsstrukturen. Wir versuchen mit persönlicher Weiterbildung und politischer Auseinandersetzung, Unterstützung zu bieten. Folgen von Repression sind keine Privatsache. Sie gehen uns alle an und gemeinsam können wir ihnen etwas entgegensetzen.
Was wir machen:
Unser Anliegen ist, das Thema Traumatisierung zu enttabuisieren.
Für uns als Out of Action haben sich drei Handlungsebenen entwickelt, an denen wir unsere Aufgaben und Ziele festmachen.
Im Vorfeld von politischen Aktionen versuchen wir über mögliche Folgen von Belastungssituationen zu informieren. Vor einer konkreten Aktion ist es aus unserer Perspektive wichtig, sich selbst und die Gruppe um sich herum im Hinblick auf die eigenen Grenzen und Ängste zu reflektieren. Es geht hierbei darum, Wege zu finden, die eigene Handlungsfähigkeit und die der Gruppe trotz existenter Gewalt und Repression zu ermöglichen. Vorbereitend kann einen Austausch und eine Vernetzung Schutz und Sicherheit vor inneren und äußeren Verletzungen bieten.
Aktionsbegleitend versuchen wir auf Demos/Aktionen für euch ansprechbar zu sein. Wir versuchen, in akuten Situationen individuell und situationsbedingt zu agieren. Zunächst geht es hier um die Wiederherstellung von Schutz und Sicherheit des betroffenen Menschen.
Nachbereitend bieten wir an, gemeinsam zu reflektieren, Gefühle zu benennen und das Erlebte zu verbalisieren. Das Geschehene einzuordnen kann dabei helfen, es greifbarer werden zu lassen. Gleichzeitig versuchen wir in einer gemeinsamen Einordnung eine Distanz zu dem Geschehen zu entwickeln. Dabei, versuchen wir nicht aus dem Blick zu verlieren, dass Gewalt ein Konzept des Staates ist, uns am politischen Agieren zu hindern. Dabei ist es das Ziel des Machtapparates, durch Gewalt und Repression einzelne Personen, wie auch die ganze Struktur dahinter, langfristig zu entmutigen und einzuschüchtern. Um dieser Gewalt perspektivisch etwas entgegenzusetzen, können durch die Einordnung eigene Grenzen bewusst gemacht und Handlungsoptionen entwickelt werden.
Unser Ausgangsprinzip ist die Anerkennung der Wahrnehmung der einzelnen Aktivist_innen. Daran orientieren wir uns – sei es bei Gewalt in Form von Repression oder im Rahmen zwischenmenschlicher Problematiken. Entscheidend ist, das Individuen in der autonomen Bewegung wieder sichtbar und sprachfähig zu machen – als ganze Menschen mit all ihren Gefühlen, Erfahrungen, Wünschen, Überzeugungen und Fähigkeiten. Dass wir emotionalen Stress und Traumatisierungen nicht verhindern können, ist klar, jedoch können wir lernen, damit umzugehen. Es geht darum, die einzelne Person und das Kollektiv zu stärken, um frei und selbstbestimmt leben zu können.
Out of Action (das steht in einem Kasten)
Nach einer belastenden oder traumatisierenden Erfahrung ist es wichtig und oft gar nicht so einfach, mit den Erlebten und den damit einhergehenden Gefühlen klar zu kommen. Deshalb bieten wir klärende und entlastende Gespräche an. Gerade in Bezugs- und Politgruppen ist eine emotionale Vor- und Nachbereitung von Aktionen wichtig.
Darüber hinaus beraten wir Einzelpersonen und Gruppen bei Überlastungen im Rahmen politischer Arbeit.
Repression ist keine Privatsache!
In Hamburg gibt es die Möglichkeit, jeden ersten und dritten Mittwoch im Monat ab 18.30h bis 20h im Schwarzmarkt zum offenen Gesprächsangebot von Out of Action zu kommen. Wenn ihr zu diesem Termin keine Zeit habt oder aus anderen Gründen nicht dorthin kommen wollt, könnt ihr euch auch gerne per mail an uns wenden.
Mehr Infos hier: https://outofaction.net