Repression auf psychischer Ebene

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veröffentlicht in Zeck 198

Gewalt ist ein Konzept des Staates, um uns am politischen Handeln zu hindern. Dabei ist es das Ziel des Machtapparates, durch Gewalt und Repression einzelne Personen, wie auch die ganze Strukturen dahinter, langfristig zu entmutigen und einzuschüchtern. Repression ist keine vorhersehbare Grösse. Sie ist aber auch nichts völlig Zufälliges, Wahlloses und Unberechenbares, sondern sie folgt einer bestimmten Logik, die zu verstehen unter Umständen sehr hilfreich sein kann.

Bereits vor dem G20 Gipfel wurden Gefährdeansprachen und Anquatschversuche von Seiten der Cops zur Einschüchterung durchgeführt. Wie schon beim OSZE, erwarten wir auch während des G20 militärisches Auftreten der Cops im schwarzen gepanzerten Kampfoutfit, Hubschrauber, die unentwegt über der Stadt kreisen, willkürliche Kontrollen und Verhaftungen und Kriminalisierung von Gipfelgegner*innen. Neben bedrohlicher Atmosphäre und juristischer Kriminalisierung ist der Einsatz von potenziell traumatisierender Gewalt Bestandteil staatlicher Repression. Das gezielte Angreifen einzelner Personen soll allgemein vom politischen Widerstand abgeschrecken, indem ein Gefühl von Handlungsunfähigkeit und Ohnmacht gegenüber staatlicher Herrschaft entsteht.

Für die Entwicklung von Handlungsstrategien sind Kenntnisse hilfreich, was eine extreme psychische Belastung sein kann, wie sich die Folgen für die Betroffenen und ihr Umfeld anfühlen können und wie damit umgegangen werden kann. Als linke Aktivist*innen sollten wir uns bewusst machen, dass wir immer wieder das Risiko eingehen, durch staatliche Gewalt, nicht nur körperlich, sondern und auch psychisch verletzt werden zu können. Vorbereitend können ein Austausch und eine Vernetzung Schutz und Sicherheit vor inneren und äußeren Verletzungen bieten. Es geht hierbei darum, Wege zu finden, die eigene Handlungsfähigkeit und die der Gruppe trotz existenter Gewalt und Repression zu ermöglichen. Extreme psychische Belastungen können im Allgemeinen von bedrohlichen Situationen ausgelöst werden, in denen wir uns handlungsunfähig oder ohnmächtig fühlen. Betroffen sein kann jede*r, unabhängig von Erfahrungen. Auch wenn wir nicht direkt von der Gewalt betroffen sind, sondern diese bei anderen mitbekommen, kann es zu starken Belastungen kommen. Sie schlagen eine*n von uns zusammen und wir bekommen Angst und fühlen uns blockiert. Angst ist dabei eine verständliche Reaktion auf die Gewalt und Brutalität, mit der wir konfrontiert sind. Übererregbarkeit, Vermeidungs- und Verdrängungsverhalten und ein Wiedererleben des Erlebten sind häufige Reaktionen nach extremer psychischer Belastung. Langfristig leiden viele Betroffene von Bullengewalt unter den emotionalen Folgen. Für die Verarbeitung von Ohnmachtserfahrungen durch Cops ist es wesentlich das soziale Umfeld als solidarisch, schützend und unterstützend zu erleben. Oftmals kann schon das Austauschen über die Gefühle nach heftigen Erlebnissen sehr hilfreich sein.

In Vorbereitung, während und nach dem G20 könnt ihr euch auch gerne an Out of Action wenden. Während der Proteste gegen den G20 Gipfel, versuchen wir auf Camps und in linken Freiräumen für euch ansprechbar zu sein. Zudem könnt ihr uns dann über eine öffentliche Telefonnummer und per Mail kontaktieren. Darüber hinaus sind wir ein fester Bestandteil der Antirepressionsstrukturen in Hamburg, Berlin, Köln, Dresden, Leipzig, Frankfurt am Main und in Bochum und Umgebung und für euch ansprechbar. Falls ihr in einer Stadt wohnt, in der es bisher noch keine Out of Action Gruppe gibt, schreibt uns gerne trotzdem und wir finden einen Weg euch zu supporten. Neben konkreter Unterstützung sind Ziele der Gruppe, psychische Belastungen als Teil von Repression und einen möglichen Umgang damit in der Linken zu enttabuisieren und die „private Psychokacke“ als politisches Thema zu etablieren. Die Gruppe bietet hierzu Workshops und Infoveranstaltungen an und kann von Zusammenhängen wie auch von Einzelpersonen angefragt werden. Folgen von Repression sind keine „Privatsache“. Sie gehen uns alle an und gemeinsam können wir ihnen etwas entgegensetzen.

G20 zum Desaster machen!
Wir sehen uns in Hamburg.